MV Agusta steigt ins ADV-Geschäft ein: Vorstellung der Adventure-Motorräder 550 und 930
Erinnerst du dich an die Cagiva Elefant?
In den 90er Jahren war dieses Motorrad schon auf dem Markt, lange bevor es den Begriff Adventure Bike überhaupt gab. Die Cagiva Elefant fuhr durch den Wüstensand und schlug unbekannte Wege ein. Sie war so gut, dass sie sogar ein paar Dakar-Rallyes gewann.
Auf der Karosserie der Elefant prangte der Schriftzug "Lucky Explorer" mit einem Logo, das dem des Tabakkonzerns Lucky Strike verblüffend ähnlich ist (kein Zufall).
Inzwischen ist Cagiva in der heutigen MV Agusta aufgegangen. Irgendwann gehörte demselben Unternehmen aber auch Ducati, das den Motor für den Elefant (und damit auch für die Lucky Explorer) lieferte.
Auf der EICMA 2021 kündigte MV Agusta das Lucky Explorer Project an, mit dem MV in den Markt der Adventure Bikes zurückkehren will. Das Besondere daran ist, dass MV nicht nur mit einem, sondern mit zwei Modellen zurückkehrt: dem Lucky Explorer Project 9.5 und dem Lucky Explorer Project 5.5.
Falls der Name es nicht schon verraten hat, sind beide Motorräder von der Lucky Explorer Cagiva Elefant beeinflusst worden. Aber dieses Mal kommt die Motorenentwicklung nicht von MVs italienischem Rivalen.
Hier ist, was wir über die beiden Lucky Explorer Projekte wissen.
Lucky Explorer Project 9.5
Dies ist das Highlight des Sortiments. Das Kronjuwel. Die Lucky Explorer Project 9.5 ist ein von Grund auf neu entwickeltes Motorrad von MV Agusta.
Und ja, das gilt auch für den Motor. Es handelt sich um einen neuen 931-ccm-Dreizylinder, der weit genug vom bisherigen 800-ccm-Motor von MV entfernt ist, um ihn als neuen Motor zu bezeichnen.
Ja, es gibt wahrscheinlich einige gemeinsame Komponenten, aber der Zylinderkopf, die Einlass- und Auslassventile (die übrigens aus Stahl sind), die Zylinderkopfdichtung und die geschmiedeten Aluminiumkolben sind neue Teile.
Was in gewisser Weise auch Sinn macht, wenn man den deutlich größeren Hubraum bedenkt. MV gibt an, dass er 123 PS und 102 Nm Drehmoment leistet - genug, um dich durch die Dünen zu jagen oder wohin auch immer die Wüste dich führen mag.
MV-Fans kennen die Partnerschaft mit Rekluse von Motorrädern wie der Brutale oder der Turismo Veloce SCS (Smart Clutch System), die im Wesentlichen eine automatische Rekluse-Kupplung in die Motorräder einbaut, um sicherzustellen, dass sie nie wieder abwürgen.
MV sagt, dass die Partnerschaft auf das Lucky Explorer Project 9.5 ausgeweitet wird. Aber Fans der traditionellen Schaltung brauchen sich keine Sorgen zu machen - eine normale Kupplung wird ebenfalls erhältlich sein.
Ein Trägerrahmen spannt den Motor zwischen den beiden Rahmenholmen ein, und ein angeschraubter Gitterrohrrahmen hält seine Geländetauglichkeit im Zaum - ein verbogener Hilfsrahmen muss nämlich abgeschraubt und ein neuer angeschraubt werden (oder mit einem Ast und etwas Hebelkraft wieder geradegebogen werden), so wie es sich für ein Adventure Motorrad gehört.
Die elektronische Federung ist heutzutage sehr beliebt und du findest sie auch hier, dieses Mal von Sachs. Die Gabel misst 50 mm und hat einen Federweg von 8,66 cm, das Federbein bietet 8,27 cm. MV gibt an, dass du damit eine Bodenfreiheit von mindestens 23 Zentimeter hast.
Vorne bremsen zwei Stylema-Bremssättel von Brembo mit 320-mm-Scheiben, hinten eine 265-mm-Scheibe und ein Kurven-ABS von Continental.
Wir sind sicher, dass das Motorrad auch mit anderen elektronischen Fahrhilfen ausgestattet sein wird, aber diese Details stehen noch nicht fest. Noch ist es ja nur ein "Projekt".
Lucky Explorer Project 5.5
Der kleine Explorer, der 5.5, ist offensichtlich eine kleinere Version des 9.5. Er hat einen 554-ccm-Zweizylindermotor mit zwei obenliegenden Nockenwellen.
Anders als der 9.5, der im eigenen Haus entwickelt wurde, wurde der 5.5-Motor in Zusammenarbeit mit QJ, dem chinesischen Partner von MV, entwickelt.
Lass dich davon aber nicht ablenken - MV reiht sich in eine lange Liste von Herstellern ein, die sich mit chinesischen Unternehmen zusammengetan haben, die in letzter Zeit sehr gute Produkte hergestellt haben.
Im Falle des 5.5 erwartet MV 46,9 PS und ein Drehmoment von 50 Nm. Der kleinere Motor deutet auch darauf hin, dass der 5.5er das zahmere der beiden Modelle sein wird. Du bekommst ein 19-Zoll-Vorderrad und ein 17-Zoll-Hinterrad, im Gegensatz zu dem 21/18-Zoll-Set des 9.5er.
Die 43-mm-Upside-down-Gabel von KYB lässt sich in der Zugstufe und in der Federvorspannung einstellen und hat einen Federweg von 135 mm. Hinten bietet ein KYB-Federbein ebenfalls eine Zugstufen- und Federvorspannungseinstellung.
Du kannst auch etwas weniger ausgefallene Bremskomponenten erwarten, aber nicht viel. Brembo liefert nach wie vor 4-Kolben-Bremszangen, die mit 320-mm-Scheiben an der Vorderachse arbeiten, während eine einzelne 260-mm-Scheibe mit einer 2-Kolben-Bremszange gepaart ist.
Bosch liefert das ABS-Gehirn, ist aber nicht Schräglagenabhängig wie das der 9.5
Ansonsten haben die beiden Modelle, soweit wir das beurteilen können, relativ ähnliche Komponenten. Aufgrund der unterschiedlichen Laufradgrößen ist zu erwarten, dass der 5.5er weniger aggressiven Reifen trägt, aber dennoch für das eine oder andere Abenteuer dazu bereit sein sollte. Die Elektronik und die Fahrhilfen müssen auch hier noch geklärt werden.
Wer jemals daran gezweifelt hat, dass dies eine großartige Zeit ist, um ein Abenteuermotorradfahrer zu sein, kann diese Befürchtungen jetzt ad acta legen.
Dieser Markt wächst in rasantem Tempo doch der Eintritt von MV Agusta ist ein kleiner Schock, aber ein willkommener.
Nicht nur mit einem, sondern gleich mit zwei Modellen auf den Markt zu kommen, ist ein interessanter Ansatz für potenzielle Fahrer, zwischen denen sie wählen können. Und obwohl wir nicht vergessen dürfen, dass es sich technisch gesehen immer noch um Prototypen handelt (daher das "Project" in ihrem Namen), sehen sie sehr nah an der Serienreife aus.